Brian Letort, Head of Data Office & AI, und Kadri Linask-Goode, Director Privacy, Digital Realty

3. April 2025

Unternehmen auf der ganzen Welt engagieren sich für das Wachstum der künstlichen Intelligenz (KI) – und jetzt ist auch die Regierungen einzelner Länder.

IDC prognostiziert, dass die weltweiten Ausgaben für KI-Infrastruktur bis 2028 die Marke von 100 Milliarden US-Dollar überschreiten werden. In den nächsten fünf Jahren wird die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Ausgaben für KI-Infrastruktur im asiatisch-pazifischen Raum um 20 %, in den USA um 16 % und in der EMEA-Region um 13 % steigen. Ein bedeutender Investitionsbereich für Länder wird die souveräne KI (sovereign AI) sein.

Seit der Einführung von ChatGPT durch OpenAI haben Unternehmen, Organisationen und andere Einrichtungen ihre eigenen KI-Modelle entwickelt oder LLMs mit ihren eigenen Daten trainiert.

Dies wirft jedoch die Frage auf: Wenn KI Open Source sein soll, wer kontrolliert diese Daten, und gibt es Fälle, in denen diese Daten mit der Kultur, den wirtschaftlichen Zielen oder der nationalen Sicherheit eines Landes in Konflikt geraten könnten?

Deshalb wird souveräne KI, bei der eine Nation ihre eigene proprietäre KI entwickelt oder anpasst, zunehmend zu einer bedeutenden Priorität für Staaten. Lassen Sie uns einen Blick auf die aufkommende Wettbewerbslandschaft werfen und analysieren, wie souveräne KI den Zugang und die Nutzung von KI in der Zukunft verändern könnte.

Die zunehmende Bedeutung von souveräner KI und die Geschichte der Datensouveränität

Heute gibt es ein globales Wettrennen an die Spitze im Bereich der KI – oder zumindest ein Wettrennen, um auf globaler Ebene mit anderen KI-Führungskräften zu konkurrieren.

Da die KI weiterhin wächst, stehen Regierungen vor der Frage, ob sie sich auf in anderen Ländern entwickelte KI-Modelle verlassen oder die technologische Zukunft ihres eigenen Landes selbst bestimmen möchten.

Viele entscheiden sich für Letzteres und suchen nun nach Möglichkeiten, KI auf Basis ihrer eigenen Daten, Infrastrukturen und Netzwerke zu entwickeln. Souveräne KI ist ein lokaler Ansatz, der ein engeres, kontrollierteres Umfeld schafft, insbesondere wenn es um die Einhaltung strengerer Datenschutzbestimmungen geht. Mit souveräner KI erweitert ein Land oder eine Region die Kontrolle über das Training, die Bereitstellung und die Nutzung von Modellen.

Die Idee einer lokalen KI-Initiative ist nicht unbedingt neu. Die Datensouveränität schreibt vor, dass Daten den Regeln und Vorschriften der Region unterliegen sollten, in der sie generiert, gesammelt oder gespeichert werden. Suveräne KI geht noch einen Schritt über diese Grundannahme hinaus.

Anstatt einfach nur die Daten in dieser Region zu verwalten, wird KI auf den einzigartigen Daten, der wissenschaftlichen Grundordnung und der Geschichte dieses Landes aufgebaut. Da die Infrastruktur im eigenen Land entwickelt und untergebracht ist, adressieren souveräne KI-Modelle Sicherheitsherausforderungen und reduzieren das Risiko, sich auf ausländische KI-Modelle zu verlassen.

Wenn man zum Beispiel die derzeitige wirtschaftliche und politische Lage innerhalb der Europäischen Union (EU) berücksichtigt, gewinnt der Datenschutz an immer größerer Bedeutung. Souveräne KI könnte eine Quelle digitaler Innovation sein, die der fragmentierten Datentransformation in der EU gerecht wird. Es gibt sehr unterschiedliche rechtliche und politische Strategien in der EU und in der weiteren EMEA-Region, durch die souveräne KI einen Wettbewerbsvorteil im Zeitalter der digitalen Transformation verschaffen kann.

Die wichtigsten Vorteile der souveränen KI

Der grösste Vorteil der souveränen KI besteht darin, dass sie den Datenschutz und die Datensicherheit im Inland erhöht. Anstatt sich auf anderswo entwickelte KI zu verlassen, können die Länder jeden Aspekt ihrer selbst entwickelten KI-Modelle kontrollieren. Dies umfasst, welche Daten zum Training verwendet werden, bis hin zu der Art und Weise, wie sie betrieben und wo sie untergebracht wird.

Die Beibehaltung eines KI-Modells im eigenen Land ermöglicht eine erhöhte Kontrolle über Sicherheitsparameter und Datenschutz und kann auch an nationale Sicherheitsbedürfnisse angepasst werden. Dies ist besonders wichtig, wenn wie von Gartner prognostiziert, bis 2027 40 % der Datenschutzverletzungen auf grenzüberschreitenden Missbrauch zurückzuführen sein werden.

Darüber hinaus lassen sich souveräne KI-Modelle mit auf die Kultur, Geschichte und soziologischen Nuancen des Landes zugeschnittenen Daten an dessen besondere Bedürfnisse anpassen. Das KI-Modell kann auf die Forschung und nationalen Beiträge des jeweiligen Landes trainiert werden, wie z. B. im Bereich der Gesundheitsversorgung und technologischen Fortschritte. Es handelt sich um eine KI, die „die gleiche Sprache spricht“ wie das Land, in dem sie eingesetzt wird.

Gartner prognostiziert ausserdem, dass bis 2027 ein robuster Ansatz zur Datenverwaltung eine Voraussetzung für „souveräne KI-Gesetze und -Regulierungen weltweit“ sein wird. Souveräne KI erfordert im Wesentlichen klare Regelungen für die Datenlokalisierung, bei der Daten in einer bestimmten Region gesammelt, verarbeitet und gespeichert werden. Dies kann einen schnelleren Zugriff und geringere Latenzzeiten ermöglichen, wodurch der Einsatz von KI effizienter und wirkungsvoller wird.

Die Herausforderungen beim Aufbau und der Implementierung von souveräner KI

Auch wenn die KI für Staaten viele Vorteile bietet, gibt es doch einige grosse Herausforderungen, denen sich die Länder beim Aufbau ihrer eigenen Modelle stellen müssen. Wenn ein Land sein eigenes KI-Modell entwickeln möchte, muss es in der Lage sein, die Investitionen zu tätigen, um diese KI-Ambitionen zu unterstützen.

Dies umfasst die Bereitstellung einer Infrastruktur, die den hohen Energiebedarf von KI unterstützt, Rechenzentrumslösungen mit High-Performance Compute, GPU-Cluster für die zur Beschleunigung des KI-Trainings erforderliche Parallelverarbeitung und erweiterte Netzwerkkonnektivität.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, qualifizierte Mitarbeiter in der KI-Entwicklung und im Management aufzubauen und zu binden, um die souveränen KI-Ambitionen zu unterstützen. Laut einem aktuellen Bericht sind die Rollen im Bereich Artificial Intelligence Engineering die am schnellsten wachsenden Berufe im Vereinigten Königreich und den Niederlanden. Diese gehören zu den am schnellsten wachsenden Berufe in über einem Dutzend Ländern.

Die Entwicklung souveräner, wettbewerbsfähiger KI-Innovationen bedeutet, in KI-Ausbildungs- und Schulungsprogramme zu investieren, um diese Ziele zu erreichen.

Neben fachlichen Talenten besteht die Notwendigkeit robuster regulatorischer Rahmenbedingungen, um die Entwicklung und Nutzung von souveräner KI zu steuern. Dies umfasst, wie Daten gesammelt und verwendet werden, wie KI-Modelle trainiert werden, die Transparenz in Bezug auf den Datenschutz und die Beantwortung der vielen ethischen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Nutzung von KI ergeben haben. Die Länder müssen auch eine Rechtskonformität für Aufsicht, Führung, Management und Rechenschaftspflicht etablieren.

Souveräne KI in Aktion und staatlich unterstützte Initiativen

Wir beobachten Fortschritte bei der Entwicklung von souveräner KI, einschliesslich Regierungen, die Investitionen in Innovation und Entwicklung von KI in ihren eigenen Ländern zusagen, sowie Partnerschaften mit privaten Unternehmen eingehen, um KI-Initiativen voranzutreiben.

Die Vereinigten Staaten haben ihre Verpflichtung angekündigt, mit privaten Unternehmen, einschliesslich OpenAI und Microsoft, zusammenzuarbeiten, um das Stargate-Projekt voranzutreiben. Das Ziel besteht darin, in den nächsten vier Jahren 500 Milliarden Dollar in die KI-Entwicklung in den Vereinigten Staaten zu investieren, einschliesslich des Aufbaus von Rechenzentren im ganzen Land.
Im Oktober 2024 hat Dänemark seinen Supercomputer Gefion in Betrieb genommen, der „KI nutzen wird, um Innovationen in vielen Bereichen zu beschleunigen, von der Quanteninformatik über die Medikamentenentwicklung bis hin zu gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem Übergang zu grüner Energie“, so das Dänische Zentrum für KI-Innovation. Der Zugang zu der für diesen Supercomputer erforderlichen Rechenleistung war eines der Innovationshindernisse, aber durch öffentlich-private Partnerschaften hat Dänemark nun die Möglichkeit, seine KI-Ziele voranzutreiben.
Auf dem AI Action Summit im Februar 2025 versprach der französische Präsident Emmanuel Macron private Investitionen in Höhe von 109 Milliarden Euro in die Weiterentwicklung und das Training von KI, einschliesslich des Baus von Rechenzentren und Infrastruktur zur Unterstützung dieser Fortschritte. Während Mistral, ein französisches KI-Unternehmen, an Open-Source-LLMs arbeitet und einen GPT-Konkurrenten namens Le Chat anbietet, ist es unklar, ob die neu angekündigten Investitionen Frankreichs dazu dienen werden, Mistral und andere französische Privatunternehmen zu unterstützen oder ein neues staatliches KI-Modell zu finanzieren.
Ebenfalls auf dem KI-Aktionsgipfel in Paris wurde die Gründung von InvestAI angekündigt, die 200 Milliarden Euro für Investitionen in KI aufbringen möchten, einschliesslich des Baus von KI-Gigafabriken in der gesamten EU. In einer Erklärung sagte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, dass „KI unser Gesundheitswesen verbessern, unsere Forschung und Innovation vorantreiben und unsere Wettbewerbsfähigkeit steigern wird. Wir wollen, dass KI eine positive und wachstumsfördernde Kraft ist. Wir tun dies durch unseren eigenen europäischen Ansatz.“
Italien, Deutschland und Schweden haben ebenfalls strategische Partnerschaften und technologische Entwicklungen angekündigt, die die KI und die KI-Investitionen in ihren jeweiligen Ländern steigern werden. Die Vereinigten Arabischen Emirate, die auch Investitionen in die französischen KI-Initiativen zugesagt haben, möchten ihre KI-Initiativen durch ein spezielles KI-Forschungsinstitut und die Entwicklung eines eigenen LLM namens Falcon vorantreiben.

Die Zukunft der souveränen KI

Souveräne KI ist relativ neu, und wir sehen gerade die ersten Investitionen in ihre Entwicklung. Während diese Initiativen wachsen, werden wir beobachten können, ob Länder sich entscheiden, souveräne KI-Modelle vollständig innerhalb ihrer Regierung zu entwickeln, private Unternehmen zur Unterstützung unabhängiger Forschung und Entwicklung heranzuziehen oder eine Kombination aus beidem zu wählen.

IT-Führungskräfte in Ländern, die stärker in Top-Down-KI-Initiativen investieren, müssen nicht nur auf neue souveräne KI-Modelle vorbereitet sein, sondern auch auf die Auswirkungen auf die Datensouveränität in diesen Regionen insgesamt.

Klar ist, dass die enormen Anstrengungen und Investitionen, die in die Entwicklung der KI gesteckt werden, den Fortschritten der KI sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor über Jahre hinweg zugutekommen werden.

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